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Seafood: Protein-Schätze mit Zukunft

Discounter beweisen, dass man mit Seafood Geld verdienen kann. Aber viele Vollsortimenter halten Fisch, Muscheln und Co. für ein schwieriges Geschäft. Warum eigentlich? Norwegian-Seafood-Council-Frontfrau Kristin Pettersen über alte Fake News und neue Strategien für den LEH.

Von Martina Kausch | Fotos: Jörg Brockstedt

Klare Worte findet Kristin Pettersen, wenn es um die Themen Seafood, Nachhaltigkeit und bewusste Ernährung in Deutschland geht. Die gebürtige Norwegerin kennt die Wertschätzung der Konsumenten gegenüber Fisch und Meeresfrüchten in Ländern mit langen Küstenlinien – hierzulande aber kauften viele Menschen lieber mit viel Energieaufwand hoch verarbeitete Ersatzprodukte, anstatt auf den nachwachsenden Rohstoff Fisch zu setzen.


Seafood-Konsum in Deutschland – ist das Thema ein Trauerspiel? 2022 haben die Deutschen elf Prozent weniger Fisch und Meeresfrüchte gekauft als im Jahr zuvor!
Es ist ein Thema mit hohem Potenzial, auch was Rentabilität betrifft, also muss es eigentlich ein positives Thema sein. Während der Pandemie stieg der Konsum zu Hause, ist aber nun wieder zurück auf dem Niveau von 2019. 2023 führte die hohe Inflation zu einem deutlichen Rückgang, was den Konsum von frischem Fisch betrifft. Laut Seafood-Studie von 2022 liegt der Konsum in Deutschland mit rund 13 Kilogramm pro Person und Jahr tatsächlich weiterhin unter dem Weltdurchschnitt. Fisch ist reich an Proteinen und Omega-3- Fettsäuren. Immer mehr Menschen sagen, ihnen sei gesundheitsbewusste Ernährung wichtig.

Aber der Fischkonsum profitiert davon nicht – woran liegtʼs?
Das hat viele Gründe. Deutschland ist ein Land mit kurzer Küste, Seefisch ist für Menschen im Binnenland nicht sehr präsent. Ich denke, auch die langen Transportwege, die früher kompliziert zu organisieren waren, haben dazu geführt, dass Deutschland ein Land der Süßwasserfische – wie Forelle und Karpfen – und der TK-Produkte wurde.

Weitere Gründe für die Fischliebe-Flaute?
Ein Faktor, der eine große Rolle spielt, ist die offizielle Ernähungsempfehlung in Deutschland von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Wie viel Fisch sollte man essen, um sich gesund zu ernähren? In Norwegen weiß jeder, dass man dreimal in der Woche Fisch als Hauptmahlzeit und gerne auch zu anderen Mahlzeiten essen sollte. Hier in Deutschland lautet die Ernährungsempfehlung ein-bis zweimal in der Woche. Die Mehrheit der Deutschen glaubt also infolgedessen, eine Fischmahlzeit pro Woche sei ausreichend für eine ausgewogene Ernährung.

Seafood ist laut Seafood-Studie 2022 bei jungen Kosumenten nicht beliebt. Warum?
Fast die Hälfte der jüngeren Konsumenten in Deutschland wollen nicht mehr Fisch essen, weil sie Fisch nicht mögen. Aus Studien wissen wir, dass viele Erwachsene angeben, keinen Fisch auf dem Tisch zu stellen, weil sie glauben, dass ihre Kinder Fisch nicht mögen. In Frankreich oder Italien ist das anders. Es ist auch also sowohl eine Frage der Ernährungspolitik als auch eine Frage der Erziehung.

Kinder können also früh Fisch essen lernen?
Ja, und sie haben Freude am Muscheln-, Meeresschnecken- und Krabbenpulen. In Japan isst fast jedes Kind Sushi.

Seafood wird hierzulande ja oft mit Themen wie Überfischung und der aktuellen Klimakrise in Verbindung gebracht...
Ja, auch das schadet dem Fisch-Image, denn es stimmt einfach nicht, dass die Gefahr der Überfischung grundsätzlich und allgegenwärtig besteht. Aber richtig ist: Abgesehen von der Frage, wie man den Begriff Nachhaltigkeit definiert – hier gibt es in verschiedenen Ländern unterschiedliche Ansätze –, wird Seafood laut unserer Seafood- Studie von 2022 beim deutschen Verbraucher nicht als nachhaltig im Sinn von klimafreundlich gesehen. Die Konsumenten verbinden Fisch nicht mit niedrigen CO2-Werten bei der Produktion. Viele denken, wir sollten weniger Fisch essen, weil die Meere leer sind – schon das stimmt sachlich einfach nicht. Viele, vor allem junge Konsumenten kaufen vegane Fleischersatzprodukte und denken, sie sind gut für den Planeten und für die Gesundheit. Fakt ist, dass diese hoch prozessierten Produkte viel Energie in der Produktion benötigen und viele Zusatzstoffe haben. Das wird aber weder von der Industrie noch von den Medien erzählt.

Lesen Sie das das Interview in voller Länge in unserem E-Paper.

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