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Schlechte Aussichten für Diebe, Trickser und Täuscher

Vom Lippenstift bis zum LED-Fernseher: Kein Artikel ist vor Ladendieben sicher. KI-basierte Lösungen versprechen Abhilfe. Zugleich sollten Inhaber und Marktverantwortliche die Sensibilisierung von Mitarbeitenden und Kunden intensivieren.

Von Kim Eberhardt | Fotos: Fotos: Adobe Stock/dinastya

Inventurdifferenzen gehören zum Einzelhandel wie die darin enthaltenen Ladendiebstähle. Laut polizeilicher Kriminalstatistik wurden davon im vergangenen Jahr 426.096 Fälle zur Anzeige gebracht. Ein erschreckender Anstieg um 23,6 Prozent im Vergleich zu 2022. „Die Methoden sind so vielfältig wie das Diebesgut“, berichtet Edeka-Kaufmann Stephan Cunäus aus Rostock. „Spirituosen, Kosmetika und große Fernsehgeräte aus dem Non-Food-Bereich wurden schon gestohlen. Hochpreisiger Alkohol wird zumeist von kriminellen Banden entwendet.“

Das EHI Retail Institute geht von 100.000 Ladendiebstählen pro Verkaufstag aus. Damit würden mehr als 98 Prozent der Delikte bis zur Inventurdifferenz unentdeckt bleiben. Rechnerisch verlässt jeder 200. Einkaufswagen mit einem Warenwert von 117 Euro unbezahlt das Geschäft. Statistisch entfielen damit auf jeden Bürger 34 Euro unbezahlte Ware jährlich.

Wenn Kunden kriminell werden

“Wir haben mit Beginn der Inflation eine Explosion der Diebstähle erlebt“, berichtet Edeka-Kaufmann Marco Wenzel aus Kassel. „Unser zunächst entgegengebrachtes Vertrauen wurde vom Kunden leider sehr enttäuscht.“ Frei zugängliche und damit ungesicherte Ware auf der Fläche ist immer dem Risiko für Gewahrsamsbruch durch Kunden ausgesetzt. Aufmerksame und geschulte Mitarbeitende sind Teil der Prävention, jedoch ist die Personaldecke oft dünn. Klassische Videoüberwachung genügt bisher kaum zur Prävention, maximal zur Aufklärung. Moderne KI verspricht Abhilfe: Das System „x-hoppers“ von Wildix ist bereits international im Einsatz und wird aktuell im deutschen Einzelhandel pilotiert. „Die im Geschäft vorhandene Infrastruktur zur Überwachung wird mit der Team-Kommunikation über Headsets gekoppelt. Der Kerngedanke ist eine Entlastung des Personals durch bessere Übersicht auf der Fläche“, erklärt Sylvia Hölzl, Sprecherin des Unternehmens. Die Lösung verspricht eine Diebstahlreduktion um 60 Prozent durch das Erkennen und Melden auffälliger Bewegungsmuster beim Kunden. „Die intelligente Bildanalyse lernt mit und kann außerdem Leerstände und andere Ereignisse auf der Fläche melden, welche die Aufmerksamkeit der Mitarbeitenden fordern.“

Technik mit Kundenmehrwert

Die Gründe für eine gestiegene Bereitschaft zur Kriminalität erklären Kaufleute unterschiedlich. Marco Wenzel sieht die Ursache in der gestiegenen Inflation. In Duderstadt vermuten die Gebrüder Gotthardt, die Langfinger könnte der gewisse „Kick“ reizen. Doch ob knappe Kasse oder Kick – Diebstahl bleibt Diebstahl.

Dabei sollte das moderne Einkaufserlebnis bereits unterhaltsam genug sein: „Neben den Self-Checkout-Kassen bieten wir seit Mitte 2023 moderne Einkaufswagen, welche bei unseren Kunden sehr gefragt sind“, berichtet Wenzel. Die sogenannten „ScanBoxen“ der Firma KBST sind bereits in mehr als 175 Märkten in Deutschland im Einsatz. Das hier verbaute Wägesystem (bis zu zwei Gramm Genauigkeit, Anm. d. Red.) registriert die Ware bereits beim Einlegen und lernt dazugehörige Artikelgewichte automatisch.

Gezahlt wird beim Verlassen des Marktes ohne Umweg über das Kassenband. „Der Einkaufswagen wird damit zur Self-Checkout-Kasse, was erweiterte Sicherheitsmaßnahmen unerlässlich macht“, erklärt Max Aschoff, Edeka-Kaufmann und Mitbegründer von KBST. Im modular erweiterbaren „SmartShopper“ kann optional eine Videokamera verbaut werden, welche Täuschungen am Wägesystem erkennen und verhindern soll. „Vom Kunden wird die Technik, die eigentlich der Sicherheit dient, als Zugewinn erlebt. Die ständige Übersicht des aktuellen Bons und Zugang zum Loyality-Programm des Händlers bereichern das Einkaufserlebnis. Derzeit sind bereits 3.200 digitale Einkaufswagen bei Discountern und im LEH in Einsatz“, so Aschoff. 

Marco Wenzel erkennt einen weiteren Nutzen: „Neben der Entlastung der Belegschaft, sind SB-Kassen und portable Self-Checkout-Systeme an den Einkaufswagen für uns eine Platzersparnis. Große Einkäufe sind im Handumdrehen abgerechnet und entlasten die Kassenzone. Aktuell erwirtschaften wir damit 50 Prozent am Umsatz.“ Max Aschoff ergänzt: „Das System ist ganzheitlich gedacht und bietet einen Mehrwert in unterschiedlichen Bereichen. Ein Zusatznutzen neben Sicherheitsaspekten und Prozessoptimierung ist das Upselling durch Werbung. Genau dort, wo es sich lohnt: am POS.“

KI gegen Täuscher und Trickser

Der klassische Etikettenschwindel an SB-Kassen ist ein weiteres Ärgernis vieler Händler. Häufig werden Artikel falsch gescannt oder Barcodes vertauscht. Die KI-Plattform für die Kassenzone „Vynamic Smart Vision Shrink Reduction“ von Diebold Nixdorf ist eine Lösung zur Betrugsprävention.

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