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ForscherAuftritt Martin Fassnacht: Für EM-Stimmung sorgen

Die Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land ist eine Riesenchance, die der Handel nutzen und offensiv vermarkten muss, sagt Martin Fassnacht. Das Spiel verbindet die Massen – also, worauf warten?

Martin Fassnacht, Handelsexperte, Ökonom an der WHU - Otto Beisheim School of Management.
Von Martina Kausch | Fotos: Stephan Pick

Die Fußball-EM in Deutschland startet – startet der Handel mit? Was meinen Sie? Was ist aus dem im Februar an dieser Stelle postulierten Optimismus geworden?
Der Handel muss die Chance unbedingt ergreifen, die die Fußball-EM im eigenen Land bringt. Für bestimmte Warengruppen ist so ein Ereignis sehr wichtig – für den Snacking-Süßigkeiten- und den Getränkebereich, das Thema Grillen spielt in Deutschland bei solchen Anlässen immer eine große Rolle. Auch der Bereich Elektronik kann profitieren. Allerdings sehe ich im LEH im Vorfeld noch nicht viel zum Thema.

Liegtʼs an der Konsumstimmung?
Die Konsumstimmung ist nicht toll – trotz der höheren Tarifabschlüsse – und wird sich auch nicht grundsätzlich ändern. Trotzdem muss der Handel der Verantwortung nachkommen, für positivere Stimmung zu sorgen. Die EM ist eine Riesenmöglichkeit. Fußball verbindet und eine solche EM ist gesellschaftlich relevant. Die Konsumenten lassen sich dann gern mitnehmen. Gefühlt ist der Handel aktuell zu zurückhaltend. Man muss solch ein Ereignis offensiv vermarkten.

Wie soll man positive Stimmung verkaufen, wenn man als Verkäufer selbst nicht positiv gestimmt ist?
Genau das ist die Frage. Der Handel muss mit Enthusiasmus vorangehen. Man muss sich klarmachen: In Europa gibt es nur eine Sportart, die die Massen begeistert, und das ist Fußball. In den USA ist das anders, aber hierzulande ist eine EM im eigenen Land etwas Gutes. Die EM geht über einen ganzen Monat, die Chance muss der Handel unbedingt ergreifen – und wie gesagt: Gefühlt ist mir der Handel zu zurückhaltend. Es gibt so viele Möglichkeiten, um Gewinne zu steigern. Das Bundling von Produkten zum Beispiel. Bundles für den Fußball-Grillabend mit Grillgut und Saucen, das Public-Viewing-Partypaket mit Snacks, Getränken und Fan-Dekoration. Im Handel ist mir das visuelle EM-Merchandising gefühlt noch zu marginal. Und um Emotionen geht es, Produkte müssen emotionalisiert werden. 

Das ist insofern erstaunlich, als ja deutsche Mannschaften im Vorfeld der EM in den europäischen Wettbewerben so erfolgreich waren. Davon hat man im LEH auch nicht viel bemerkt. Obgleich es einige Spieler in der Nationalmannschaft gibt, die jetzt in den Wettbewerben top waren. Die könnten den Enthusiasmus tragen.
Ja, ich denke bei der EM kann es gut werden, wenn „wir“ einigermaßen weit kommen. Es gibt einen Hunger nach Gemeinschaftsgefühl, den man über alle Kommunikationskanäle bedienen muss.

Im LEH arbeiten Menschen aus vielen Ländern, viele sind fußballaffin. Das ist doch auch ein Ansatz für EM-Begeisterung im LEH? Es geht doch immer wieder darum, die vielseitigen Möglichkeiten, die die Arbeit im LEH bietet, positiv darzustellen ...
Die Personalthemen im LEH sind ja einerseits Mitarbeitergewinnung, andererseits auch das Halten der Mitarbeiter, also Investitionen in Weiterbildung und in emotionale Bindung an das Unternehmen. Da muss man attraktive Pakete schnüren, damit die Mitarbeiter nicht abwandern. Hier ist aus meiner Sicht viel zu tun. Warum soll man in solche Pakete nicht auch das Thema EM mit einbinden?

In einer alternden Gesellschaft muss man also auf Menschen setzen, die im Rentenalter noch eine bestimmte Zeit in einem attraktiven Job arbeiten wollen?
Richtig, man muss attraktive Jobs in Teilzeit bieten. Ich bin kein Arbeitsmarktexperte, aber ich sehe hier viel zu wenig Angebote. Bei einem riesengroßen Fachkräftemangel muss man auch auf Menschen mit Erfahrung setzen. Viele sind ja immer noch mit Freude dabei und haben außerdem eine gute Arbeitseinstellung. 


Martin Fassnacht 

ist Inhaber des Strategie- und Marketing-Lehrstuhls der WHU. Er wechselt sich hier mit Stephan Grünewald (Rheingold), Trend- und Handelsforscher David Bosshart und Markenpsychologe Florian Klaus ab. www.whu.edu

"Bundling wird zu selten genutzt"

"Es gibt so viele Möglichkeiten, um Gewinne zu steigern," sagt Martin Fassnacht.  "Das Bundling von Produkten zum Beispiel. Bundles für den Fußball-Grillabend mit Grillgut und Saucen, das Public-Viewing-Partypaket mit Snacks, Getränken und Fan-Dekoration." 

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