Was ist der Wert von Innovationen für die Lebensmittelbranche?
Mit Innovationen können die Bedürfnisse der Konsumenten besser bedient werden – einschließlich jener Bedürfnisse, von denen die Konsumenten bisher nur unbewusst wussten, dass sie diese überhaupt haben. Zudem findet das Wachstum für Industrie und Handel zum größten Teil über Innovationen und neue Produkte statt.
Was gilt überhaupt als Innovation?
Ich finde zunächst die umgekehrte Frage interessant, was keine Innovation ist – zum Beispiel, wenn ein Produkt, lediglich aufgrund von Kostengründen, in einer kleineren Verpackung angeboten wird, oder wenn Produkte einfach kopiert werden. Bei echten Innovationen geht es in meinen Augen vor allem darum über neue oder signifikant verbesserte Produkte, einen Mehrwert für die Konsumenten zu generieren. Zum anderen ist es wichtig nochmals festzuhalten, dass nicht jede Innovation einer Marke auch eine Innovation für die Kategorie darstellen muss.
Sollten Innovationen grundsätzlich auf einen Trend einzahlen?
Man muss hier zwischen Trend und Hype unterscheiden. Ein Hype flacht sehr schnell ab, ein gutes Beispiel dafür ist die Dubai-Schokolade. Trends sind nachhaltiger, setzen sich über Jahre fort und erfolgreiche Innovationen zahlen meistens auf mehr als einen Trend ein. Somit sind Trends ein wichtiger Kompass für Innovationen. Allerdings verläuft ein Trend nicht immer linear, sondern bewegt sich auch eine Zeit lang seitwärts. Das sehen wir beispielsweise bei Milch- und Fleischersatz. Sie liegen zwar nach wie vor im Trend der Verbraucher, es findet aber gerade eine Konsolidierung der Nachfrage statt, mit weniger Wachstum als am Anfang. Dennoch sind beides Kategorien die in ihrer Bedeutung, in meinen Augen, weiterhin an Relevanz gewinnen werden.
Gibt es Produktkategorien, die innovationsaffiner sind als andere?
Es gibt Kategorien, bei denen es vielleicht einfacher ist Innovationen auf einem Mehrwert für den Konsumenten aufzubauen, aber grundsätzlich sind Innovationen in jeder Kategorie möglich. Vielleicht zwei Beispiele: Bei Teigwaren konnte durch den Einsatz einer Bronzeform eine aufgeraute, leicht geriffelte Oberfläche erzeugt werden, die so zu einer besseren Aufnahme von Saucen geführt hat. Oder wer hätte der Kategorie Waschmittel so viel Innovation bei Verpackung und Portionierung zugetraut?
Innovation findet oft bei Start-Ups statt. Tun sich größere Markenhersteller schwerer damit?
Start-Ups können viel experimentieren, bei größeren Unternehmen ist das Risiko auch größer, genauso wie die Kostenstruktur und der Kapitalbedarf. Auch sind dort die Entscheidungsprozesse manchmal etwas länger als bei Start-Ups. Deswegen werden Start-Ups häufiger als innovativ wahrgenommen, aber es gibt auch sehr erfolgreiche große innovative Player. Übrigens haben wir festgestellt, dass Innovationen wichtig für das Marken-, aber auch Kategoriewachstum sind. So unterscheiden sich die wachstumsstärksten Marken/Kategorien in der Anzahl der Neuprodukte und das spannende dabei: Für große Marken ist im Vergleich zu kleineren Marken das Kategoriewachstum wichtiger als Marktanteilsgewinne. Wenn also meine Kategorie durch Innovationen wächst, wachse ich auch als Hersteller.
Grundsätzlich brauchen also auch, oder vor allem, große Markenhersteller Innovation, um zu wachsen. Sie müssen aber eine passende Balance zwischen bestehendem Portfolio und spannende Neuheiten finden, die die Glaubwürdigkeit der Marke nicht gefährden. Es braucht Mut dazu. Aber ohne Mut kein Wachstum.
Innovationen können ganze Kategorien nach vorne bringen. Wie kriegt man mit, dass da eine Welle kommt?
Es lohnt sich neben dem Kaufverhalten in der eigenen Kategorie oder auch anderen Kategorien, ein – offenes Ohr in Leitmedien und sozialen Medien zu haben, um frühzeitig Trends zu erkennen. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Proteintrend, wo die Resonanz in einigen Medien schon vor der hohen Abverkaufsdaten größer war.
Was braucht ein Unternehmen, um innovativ zu bleiben?
Hierzu gehört in meinen Augen vor allem eine innovationsfördernde Unternehmenskultur, die Kreativität und Innovation fördert. Innovationen lassen sich durch eine Unternehmenskultur fördern, die Kreativität und Offenheit in den Mittelpunkt setzt. Eine „Kultur des Mutes“ kann helfen– man muss offen für Neues sein und auch mal die eine oder andere Wagnis eingehen.
Am Ende muss der Handel die Innovationen ins Regal stellen. Der Platz ist allerdings begrenzt. Wie kann der LEH Innovationen fördern?
Eine Möglichkeit ist über die Schaffung von entsprechenden Verkaufsflächen. Innovationen brauchen Sichtbarkeit und dies kann über Zweitplatzierungen oder speziellen Gondelköpfe passieren. Häufig verlieren Innovation bei der Sortimentsvielfalt im Stammregal ihre Sichtbarkeit. Selbständige Kaufleute spielen hierbei in meinen Augen eine besondere Rolle. Ein anderer interessanter Weg ist über die Zentralen, wo z.B. bei der Rewe über das Innovation Hub es mittlerweile auch für Start-Ups die Möglichkeit gibt Listungen zu generieren und so Innovationen schneller auf den Markt zu bringen.







